Stell dir vor, du sitzt an einem Montagmorgen gemütlich mit deinem Kaffee und schaust in deinen Arbeitskalender. Plötzlich fällt dir auf: „Moment mal, am Donnerstag ist ja Feiertag!“ Früher war das glasklar – Feiertag gleich frei, egal ob im Büro oder auf der Baustelle. Doch heute, wo viele von uns in Gleitzeit, Teilzeit oder gar komplett freier Zeiteinteilung arbeiten, kommt die Frage: Wie zählen Feiertage eigentlich, wenn ich meine Arbeitszeit selbst bestimme?
Die Unsicherheit ist groß. Viele Arbeitnehmer fürchten Minusstunden, wenn ein Feiertag auf ihren „freien Tag“ fällt. Andere wissen nicht, ob sie für Feiertage bezahlt werden, wenn sie ihre Stunden flexibel einteilen. Arbeitgeber wiederum stehen vor der Herausforderung, klare Regeln zu kommunizieren, ohne gegen Arbeitsrecht oder Tarifverträge zu verstoßen.
In diesem Artikel schauen wir uns alle wichtigen Aspekte an: von der rechtlichen Grundlage über Praxisbeispiele bis hin zu typischen Irrtümern. Am Ende wirst du genau wissen, wie du deine Feiertage bei freier Zeiteinteilung richtig verbuchst – und wie du Ärger mit Minusstunden vermeidest.
Was bedeutet „freie Zeiteinteilung“ im Arbeitsrecht?
Bevor wir ins Detail gehen, lass uns klären, was „freie Zeiteinteilung“ eigentlich meint. Viele werfen diesen Begriff in einen Topf mit Teilzeit oder Homeoffice, doch juristisch und praktisch gibt es Unterschiede:
Gleitzeit: Du hast eine vertraglich festgelegte Wochenstundenzahl (z. B. 40 Stunden), darfst aber selbst entscheiden, wann du diese Stunden innerhalb eines Rahmens (z. B. 6–20 Uhr) leistest.
Teilzeit: Hier arbeitest du weniger als die Regelarbeitszeit (z. B. 20 statt 40 Stunden). Die Arbeitstage können festgelegt oder flexibel sein.
Vertrauensarbeitszeit / freie Zeiteinteilung: Dein Arbeitgeber kontrolliert nicht, wann du arbeitest. Du bist selbst dafür verantwortlich, deine Aufgaben und vereinbarte Stunden zu erfüllen.
Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) macht klare Vorgaben: Maximal 8 Stunden am Tag, in Ausnahmefällen 10, und mindestens 11 Stunden Ruhezeit dazwischen. Auch bei völliger Flexibilität gelten diese Grenzen. Feiertage sind im Feiertagsgesetz der Bundesländer geregelt, was bedeutet: Sie gelten unabhängig von deiner Vertragsform – allerdings hängt es von deinem Arbeitsmodell ab, ob sie dir tatsächlich „zugutekommen“.
Feiertage bei Teilzeit und flexibler Arbeit
Jetzt wird’s spannend: Wie sieht es bei Feiertagen aus, wenn du nicht klassisch von Montag bis Freitag Vollzeit arbeitest?
Wie zählt man Feiertage bei Teilzeitarbeit?
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mehrfach entschieden: Teilzeitkräfte dürfen bei Feiertagen nicht schlechter behandelt werden als Vollzeitkräfte. Bedeutet: Fällt ein Feiertag auf einen deiner regulären Arbeitstage, muss dein Arbeitgeber dich so stellen, als hättest du gearbeitet.
Beispiel:
Du arbeitest Montag, Mittwoch und Freitag jeweils 8 Stunden.
Fällt der 1. Mai (Tag der Arbeit) auf einen Mittwoch, wird dir dieser Tag gutgeschrieben. Du musst ihn nicht nacharbeiten.
Anders sieht es aus, wenn der Feiertag auf einen Dienstag fällt – also auf einen Tag, an dem du ohnehin frei hättest. Dann gibt es keinen zusätzlichen Ausgleich.
Was ist, wenn ein Feiertag auf meinen freien Tag fällt?
Das ist die wohl häufigste Frage. Kurz gesagt: Pech gehabt. Feiertage gelten nur dann als arbeitsfreie Tage mit Lohnfortzahlung, wenn sie auf einen Tag fallen, an dem du normalerweise arbeiten würdest.
Aber: Manche Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen sehen eine anteilige Verteilung vor. So wird verhindert, dass Mitarbeiter mit „ungünstigen“ Arbeitstagen (z. B. Mo/Mi/Fr) dauerhaft benachteiligt sind, weil Feiertage oft auf Montage fallen.
Feiertage und Zeiterfassung
Wie wird ein Feiertag bei der Zeiterfassung berechnet?
In den meisten elektronischen Zeiterfassungssystemen (z. B. SAP, ATOSS oder DATEV) sind Feiertage als arbeitsfreie Tage mit automatischer Gutschrift hinterlegt. Das heißt:
Dein Soll wird so behandelt, als hättest du gearbeitet.
Du musst keine Stunden „nachholen“.
Quick Fact: Feiertage sind keine Urlaubstage, sondern gelten wie Arbeitstage, die „ersetzt“ werden. Wenn du Montag bis Freitag arbeiten musst und Donnerstag ist Feiertag, reduziert sich deine Sollzeit für diese Woche automatisch.
Minusstunden, Plusstunden und Feiertage
Werden Feiertage als Minusstunden gezählt?
Nein – niemals. Das wäre sogar unzulässig. Das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) schreibt klar vor, dass du für Feiertage bezahlt wirst, wenn du regulär gearbeitet hättest.
Typisches Missverständnis:
Manche Mitarbeiter glauben, ein Feiertag würde wie ein Urlaubstag „vom Konto“ abgezogen. Das ist falsch. Urlaubstage musst du beantragen, Feiertage bekommst du automatisch gutgeschrieben.
Einzige Ausnahme: Wenn du trotz Arbeitsplan freiwillig frei nimmst (z. B. Brückentag), zählt das ganz normal als Urlaubstag – nicht als Feiertag.
Unterschiede nach Bundesländern und Branchen
Deutschland ist bekannt für seine föderale Vielfalt – und das betrifft auch Feiertage. Während Bayern 13 gesetzliche Feiertage hat, muss man in Berlin mit 10 auskommen.
Für Arbeitnehmer mit freier Zeiteinteilung bedeutet das:
Dein Arbeitsort ist entscheidend, nicht dein Wohnort.
Arbeitest du für ein Unternehmen mit Sitz in Bayern, gelten bayerische Feiertage – auch wenn du im Homeoffice in Brandenburg sitzt.
Branchenunterschiede:
In der Gastronomie oder Pflege kann es passieren, dass du an Feiertagen arbeiten musst. Dann bekommst du einen Ersatzruhetag oder Feiertagszuschlag.
Im öffentlichen Dienst sind Feiertage fast immer arbeitsfrei, wenn sie auf reguläre Arbeitstage fallen.
Praktische Tipps für Arbeitnehmer
Arbeitsvertrag prüfen: Steht dort klar, wie Feiertage behandelt werden?
Zeiterfassung im Blick behalten: Kontrolliere nach Feiertagen, ob dein Stundenkonto stimmt.
Gespräch mit Vorgesetzten: Bei Unklarheiten lieber direkt ansprechen.
Dokumentation: Wenn dein Arbeitgeber Feiertage falsch anrechnet, dokumentiere dies schriftlich.
Fallstudien & Beispiele
Beispiel 1: Pflegekraft mit Schichtarbeit
Eine Krankenschwester arbeitet in einem 5-Tage-Schichtmodell, auch an Wochenenden. Fällt ein Feiertag auf ihren Dienstplan, hat sie Anspruch auf einen freien Tag oder Zuschlag.
Beispiel 2: Büromitarbeiter mit Gleitzeit
Ein Angestellter mit 40 Stunden pro Woche arbeitet flexibel. In einer Woche mit Feiertag wird sein Soll automatisch um 8 Stunden reduziert.
Beispiel 3: Freelancer
Freelancer sind nicht automatisch von Feiertagen erfasst. Entscheidend ist, ob der Vertrag eine Regelung zur Entgeltfortzahlung enthält.
FAQ – Häufige Fragen
Zählt ein Feiertag auch im Homeoffice?
Ja, Feiertage gelten unabhängig vom Arbeitsort.
Gilt die Regelung bei Minijobs?
Ja, auch Minijobber haben Anspruch auf Lohnfortzahlung, wenn sie sonst gearbeitet hätten.
Kann ein Arbeitgeber Feiertage „abziehen“?
Nein, das wäre rechtswidrig. Feiertage dürfen nicht als Urlaub oder Minusstunden verbucht werden.
Fazit
Feiertage bei freier Zeiteinteilung sind auf den ersten Blick kompliziert, doch die Regeln sind klar:
Sie gelten nur dann, wenn sie auf einen regulären Arbeitstag fallen.
Sie dürfen nicht zu Minusstunden führen.
Arbeitgeber müssen sie korrekt in der Zeiterfassung berücksichtigen.
Wer seine Arbeitszeit flexibel gestaltet, sollte Feiertage genauso im Blick haben wie seine Urlaubsplanung. Denn am Ende geht es nicht nur um freie Tage, sondern auch um Fairness und Transparenz im Arbeitsverhältnis.